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Rakete - UdSSR

Die Entwicklung der Großraketentechnik in der UdSSR

Die Titelseite der „streng geheimen“ Verfügung des sowjetischen Ministerrates, die die Grundlage aller raketentechnischen Entwicklungen in der UdSSR nach dem II.WK darstellt.

Professsor Wassili Pawlowitsch Mischin, der Nachfolger des legendären Koroljow, und der eng mit Deutschen nach Kriegsende zusammenarbeitete, lud ich erstmals 1995 zum ersten Spezialistentreffen nach Dresden ein. Seine damalige Kernaussage lautete: „Alle sowjetischen Bücher über unsere Raketengeschichte sind falsch.“ Gewiss eine Übertreibung, aber sicher ein gut gemeinter Hinweis. Seine Worte stachelten mich an – ein Ergebnis ist diese Webseite.

Am 13. Mai 1946 wurde durch Beschluss des Zentralkommitees der KPdSU und des Obersten Sowjets der UdSSR (Ministerrat) bestimmt, dass sich zielgerichtet und mit gebündelter Kraft mit der Raketentechnik beschäftigt werden solle. Es entstand im August 1946 das NII-88 (Nautschno-Issledowatelski Institut). Durch die Schaffung dieses Spezialkonstruktionsbüros konnten die konstruktiven Abteilungen, die sich mit den Raketenwaffen befassten, zu einem Konstruktionsbüro zusammengefasst werden.
1947 wurden aus dessen Abteilungen selbständige Konstruktionsbüros. Im Zeitraum 1947 - 49 entstanden in diesen KB's auf Basis des Aggregat 4 bei Koroljow die Raketen „Jedinitschka“ R-1 („die Erste“) und „Dwoika“ R-2 („die Zweite“), die „Wasserfall“-Weiterentwicklungen (russ.: „Wodopad“) R-101 und R-105 bei Sinilschtschikow, die „Schmetterling“-Kopie (russ.: „Babotschka“) R-102 von Raschkow und die „Taifun“-Nachfolger „Strisch“ (Uferschwalbe) R-103 und „Tschirok“ (Krickente) R-110 durch Kostin. Im KB Umanski entwickelte man die Triebwerke für die R-101 und 102. Im Ministerium für Luftfahrtindustrie stand man dem nicht nach. Das KB Lawotschkin baute, nachdem es bereits ab 1944 die kopierte Fi-103 (V-1) als 10CHA einflog, u.a. auch die „Wasserfall“ nach, die den Code R-113 erhielt.
Ein stärkeres Triebwerk mit ca. 9 t Schub für die R-102 entwarf ebenfalls Issajew. Seine Nachbauerfahrungen aus der Brennkammer der „Wasserfall“ gipfelten dann im Triebwerk der ebenfalls in KB von Koroljow unter Federführung von W.P. Mischin entwickelten operativ-taktischen Rakete R-11, die die erste von U-Booten zu startende Rakete werden sollte (R-11FM). Daraus entwickelte man die R-17. Im Westen ist sie besser bekannt unter dem NATO-Code SCUD.
Ende der vierziger/Anfang der fünfziger Jahre vollzog sich ein technischer Wandel in der Raketenentwicklung der UdSSR. Die Alkohol gespeisten Triebwerke aus den R-1/-2 Raketen sollten durch Kerosin betriebene ersetzt werden. Die dafür vorgeschlagene Rakete R-3 und das zugehörige Gluschko-Antriebsaggregat RD-110 blieben aber in Ingenieurmodellen stecken. Nun wollte man echte Interkontinentalreichweite realisieren. Die Geburtsstunde der R-7 („Semjorka“ – „die Siebente“) schlug und damit kamen bis zum heutigen Tag Brennkammern zum Einsatz, die in enger Zusammenarbeit mit der Gruppe deutscher Spezialisten im OKB-456 bei Gluschko im Ministerium für Luftfahrtindustrie entwickelt wurden. Aber auch Zellenlayout und Sprengkopfaufbau oder Bahnsteuerung und Startphilosophie zeigen die Handschrift der 308 Deutschen, die damit die Sowjetunion in den folgenden Jahren auf die Siegerstraße bei der Eroberung des Weltalls schoben.
Die verbesserte Kopie des Aggregat 4, die Rakete Nr. 1 (kurz R-1), beim Einsatz in der Truppe.