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Rakete - Frankreich

Die Entwicklung der Großraketentechnik in Frankreich

Auch die französischen Militärs erachteten die V2 als der Waffe „letzter Schrei“. Nach der britischen „Operation Backfire“ mit einigen Dokumenten und Raketenteilen ausgestattet, versuchte Frankreich gezielt recht frühzeitig deutsche Raketenexperten anzuwerben.
Die Voraussetzungen für eine eigenständige französische Raketenforschung und -entwicklung konnte man als gut bezeichnen. Frankreichs Regierung stellte unmittelbar nach dem Krieg die ersten finanziellen Mittel bereit, um im Rahmen der jeweiligen militärischen Administration die Raketenforschung voranzutreiben: Für die „Direktion für das Studium und die Produktion von Waffensystemen“ (DEFA) bei den Landstreitkräften, die für Boden-Boden- und Boden-Luft-Raketen zuständig war und für die „Direktion für Technik und Industrie“ der Luftstreitkräfte (DTIA), welche sich mit Luft-Luft-, Boden-Luft-Raketen und mit Zusatzraketentriebwerken beschäftigen sollte. Im Kriegsfolgejahr konnte die DEFA u.a. mit Stolz vorweisen: Das am 17. Mai 1946 gegründete, tief im Wald auf dem Plateau von Vernon in der Normandie gelegene, „Institut für Ballistik und aerodynamische Untersuchungen“ (LRBA). Übrigens etablierte die DEFA im Pariser Vorort Puteaux einen „Technischen Dienst“ (APX). Diese Abteilung verfügte im Fort du Mount Valérien einen Prüfstand für schubschwache Strahltriebwerke. Es fehlten nur noch die Deutschen als Lehrmeister...
Zwischen Mai und Dezember 1946 ging eine erste Gruppe von über 30 Ingenieuren, Technikern und anderen Mitarbeitern der Heeresversuchsanstalt Peenemünde und anderer Bereiche des A4-Programms einen Vertrag mit französischen Behörden ein, die vorgeschlagen hatten, in Frankreich ihre Arbeit an hypergolen (d.h. selbstzündenden) Flüssigkeitstriebwerken fortzusetzen. Diese „Antriebs“-Gruppe wurde neben einer „Steuerungs“-Gruppe in den Städten Riegel und Denzlingen zusammengezogen.

Karl-Heinz Bringer und sein großer Wurf VIKING (© SHAA)

Bereits im August 1946 begannen dort in einem Saal eines ehemaligen Restaurants, das zum Büro umgestaltet wurde, erste Studien für eine Rakete mit einem Schub von 40 t mit dem Projektnamen „Super V2“.

Von März bis Mai 1947 versetzte man die Gruppen in das neugegründete LRBA nach Vernon. Insgesamt wurden über 120 deutsche Techniker, Ingenieure, sogar Sekretärinnen von Peenemünde und artverwandten Einrichtungen per Arbeitsvertrag nach Frankreich gebracht und gingen nach Vernon, Puteaux oder andere Einrichtungen. Diese kurz TAP`s (Deutsche Techniker aus Peenemünde) genannten deutsche Fachleute übersiedelten mit ihren Familien für zunächst ein halbes Jahr nach Frankreich, um für die „Grande Nation“ zu arbeiten. Manche blieben ihr ganzes Leben.
Die erste Höhenforschungsrakete VERONIQUE und die ersten Raketenmotoren hatten natürlich ihre Kinderkrankheiten. Doch als am 8. April 1971 das Raketentriebwerk VIKING seinen ersten Testlauf mit 55 t Schub erfolgreich hinter sich brachte, hatte der Peenemünder Karl-Heinz Bringer und sein Team die Grundlage für die so erfolgreiche ARIANE-Trägerrakete gelegt, deren Technik mit dem letzten Start einer ARIANE 4 am 15. Februar 2003 ein ruhmvolles Ende fand.

Aktennotiz der ersten Gespräche französischer Offiziellen mit deutschen Raketenspezialisten, die in Arbeitsverträgen mündeten
 

Erinnerungsfoto der „LRBA-Groupe Propulsion“ nach einer Feierlichkeit am 21.11.1958.