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Kurzkritik zur Wiedereröffnung des MHM in Dresden
(Auszug aus RAKETEN*POST Nr. 46)

Sieben Jahre Bauzeit hat es gedauert, bis man wieder im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden durch die Gänge schlendern kann. Am 15. Oktober 2011 wurde das Museum mit über 19.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche für Besucher geöffnet. Der Keil vom Stararchitekten Libeskind ist so imposant wie gebäudeverletzend, aber für mich wiegt dieser „Symbolcharakter“ den verschenkten Freiraum nicht auf. Wer die großen, weiten Räume des denkmalgeschützten (!) Hauses  kannte, wird nun förmlich durch die gebaute Enge „erschlagen“. Doch dazu sollte sich jeder selbst ein Bild machen.
Ich war bisher nur ganz kurz an einer Stelle im Erdgeschoss: Das Aggregat 4, ehemals in Berlin-Gatow liegend, verkörpert dort recht einsam die Rakete als komplexestes Gerät des menschlichen Erfindertums im Parcour „Militär und Technologie“. Das Museum will sich gegen einseitige Darstellungen richten und alte Sehgewohnheiten hinterfragen, so der im Vestibül ausliegende Flyer. „Der Zusammenhang zwischen militärischer und ziviler Nutzung technischer Entwicklungen ist häufig nicht bekannt“, so kann man vielsagend auf der Webseite des Museums nachlesen. Und gleich wird ein Beispiel zelebriert, das „die enge Verzahnung auf fast allen Wissensgebieten verdeutlicht: Die Eieruhr, die auch in jedem Zeitzünder tickt“. Ja geht´s noch? Da könnte ich noch eins draufsetzen: Penis = Bogenschwert = Mordinstrument. Auf diesem „Denkraum“- Niveau (Zitat Flyer) versucht man die Besucher mit einer ganz bewussten „Pädagogik“ zu beeinflussen. Das Schärfste soll im Bereich „Krieg und Spiel“ auf uns unwissende Besucher einprasseln:  Absolut nichts mit Krieg, Militär oder Zerstörung in Verbindung zu bringendes Spielzeug aus der DDR wird für die Kriegsdarstellung ausgeweidet - nur weil es aus dem „unbesiegbaren Osten“ kam!? Einer im Internet hat es sehr treffend formuliert:  „Ich geh in ein Museum um mich weiterzubilden, nicht, um mir eine Meinung unterschieben zu lassen“; aus: www.motor-talk.de/blogs/blog-des-uhus/militaerhistorisches-museum-der-bundeswehr-dresden-t3601022.html.
Zurück zum Aggregat 4. Da steht sie nun in typischer Peenemünder schwarz-weißer Schachbrettmusterlackierung auf einem nachgebauten Starttisch und kann sich gegen Verleumdungen nicht wehren. Dieses Farbschema war nur kennzeichnend für die Versuchsmuster der Starts vom bekannten „P VII“, um ungewünschte Rollbewegungen um die Längsachse recht frühzeitig visuell zu erkennen. Ich weiß, dass diese Museums-Rakete aus einigen schrottigen Einzelteilen einer Einsatzrakete aus der von der SS gefertigten Serie aus dem Kohnstein nach dem Krieg irgendwo recht dilettantisch zusammengenietet wurde. D.h. dort stehen Rudimente der „Vergeltungswaffe 2“, die NICHTS mit dem  Testobjekt eines Aggregat 4 zu tun haben. Und diese farbliche „Verleumdung“ setzt sich erst recht in der Beschriftung fort. Wir lesen: „Am 3. Oktober 1942 wurde der erste erfolgreiche Start der „V-2“ durchgeführt“. Meine Damen und Herren „Hinterfrager“! Hans Schwarz van Berk hat erst am 17. Juni 1944 den Begriff „Vergeltungswaffe“ anfänglich für die Fi-103 geprägt! Am 3. Oktober 1942 startete das vierte handgefertigte Versuchsmuster (kurz „V4“) des Aggregat 4 (sie stand seit August 1942 auf dem „P VII“; Start gleichzeitig der insgesamt 162. „Test“ im „Oval“!), das mit der „V2“ von Ende 1944 quasi nur die äußere Form und die Treibstoffe gemein hatte! Triebwerk, Tanks, Einbauten, Steuerung… waren total konträr! Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Hier hat man den VW Golf-Prototypen „Entwicklungsauftrag EA 266“ von 1969 mit dem Golf 1 aus dem Jahre 1974 gleichgesetzt. Und die sind zwar äußerlich „verwandt“, aber im inneren Aufbau total verschieden.
Ich hatte am 18.12.2011 beim Leiter des Museums, Herrn Oberst PD Dr. Matthias Rogg schriftlich „interveniert“ und aufgrund der Bedeutsamkeit des Museums gefordert, den Text sofort zu ändern.
Wird sich etwas ändern?