Angaben zum Aufbau des Instituts Berlin
Neben dem bekannten Institut RABE etablierte
sich noch 1945 in Berlin eine Einrichtung, die sich vorrangig mit
Fliegerabwehrraketen befassen sollte: Das „Institut Berlin“.
Zum Leiter dieser Forschungseinrichtung wurde D.G. Djatlow ernannt.
Der Konstrukteur W.P. Barmin, fungierte als Chefingenieur. Sitz
des „Instituts Berlin“ war das Gebäude der ehemaligen
„GEMA“ (Gesellschaft für Maschinenbau) in Berlin-Hohenschönhausen.
Hier beschäftigte sich eine deutsch-sowjetische Spezialistengruppe
um S.P. Raschkow mit der Wiederherstellung der technischen Dokumentation
und der Rekonstruktion der Luftabwehrraketen „Rheintochter“
und „Schmetterling“. Von deutscher Seite war Herbert
Auler für den Nachbau der „Rheintochter“ zuständig,
für die Fla-Rakete „Schmetterling“ arbeitete in
dieser Funktion Nikolaus Friedrich. Eine zweite Gruppe des Berliner
Instituts versuchte unter der Leitung des sowjetischen Spezialisten
E.W. Sinilschtschikow den Nachbau der Luftabwehrrakete „Wasserfall“.
Dabei arbeitete er eng mit Emil Mendel zusammen, der für die
deutschen Arbeiten an dieser Fla-Rakete verantwortlich zeichnete.
Daneben gab es am „Institut Berlin“ noch eine Reihe
von Sonder- bzw. selbständigen Abteilungen. So verfügte
die Forschungseinrichtung über eine wissenschaftlich-theoretische
Abteilung und Labore für Rechen- und Kommandogeräte, Stabilisierungskreisel
sowie für Materialuntersuchungen. In weiteren Abteilungen befassten
sich deutsche und sowjetische Ingenieure mit Funk- und Funkmessanlagen,
Stabilisierungs- und Kommandogeräten, der Rekonstruktion der
reaktiven Gleitbombe „Hs-294“ sowie der ungelenkten
Fla-Rakete „Taifun“ und mit der Ballistik von Luftabwehrraketen.
Auch Arbeiten zur Wiederherstellung der Panzerabwehrrakete „Rotkäppchen“
und des Flugkörpers „Trommsdorff“ führte das
„Institut Berlin“ aus. Ferner gab es Zweigstellen in
Zittau, Leipzig, den „Leuna-Werken“ bei Merseburg und
in Peenemünde.
Im Versuchswerk Zittau arbeiteten Russen und Deutsche an der Wiederherstellung
der technischen Dokumentationen für die Fla-Raketen „Wasserfall“,
„Schmetterling“ sowie „Rheintochter“. Auf
Grundlage der so rekonstruierten Fertigungsunterlagen versuchten
sie danach, die Fabrikation einzelner Baugruppen aufzunehmen. Im
„Objekt Leuna“ experimentierten elf deutsche Chemiker
mit flüssigen Raketentreibstoffen. Zur gleichen Zeit testeten
in Peenemünde der deutsche Ingenieur Karl Harnisch und der
sowjetische Spezialist W.K. Schitow rekonstruierte Triebwerke für
die Fla-Rakete „Wasserfall“. Dabei konnte Harnisch seine
Erfahrungen einsetzen, die er als Leiter des Prüfstandes Nr.
9 in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde gesammelt hatte.
In der Abteilung „Wasserfall“ gab es mindestens noch
die folgenden Sektoren bzw. Büros: Erprobung (Worow, N.N),
Zelle (Gajewskij, B.W.), Bordgeräte (Kapyrin, N.D), Lenkung
(Aralow, M.S.; Kuhl, Hans), Konstruktionsbüro (Lipedin, I.M:;
Seifert, Erich).
Dass sich das „Institut Berlin“ auch mit modernen Panzerabwehrwaffen
beschäftigte, zeigte das Objekt „Stadt Leipzig“.
Hier waren sieben deutsche Spezialisten mit der Wiederherstellung
der technischen Dokumentation der „Panzerfaust“ beauftragt.
Insgesamt arbeiteten am „Institut Berlin“ 226 sowjetische
Konstrukteure, Ingenieure und Techniker aus acht Rüstungsministerien
der UdSSR, 70 Offiziere der Roten Armee und mehr als 124 deutsche
Spezialisten, zu denen noch eine unbekannte Zahl von Produktionsarbeitern
hinzuzurechnen ist. Vorrangig teilte man später die Deutschen
des „Instituts Berlin“ auf die „Zünderspezialistengruppen“
des Ministeriums für Landmaschinenbau auf .
(Nach einem Auszug aus dem Manuskript zur
Dissertation: Matthias Uhl; Stalins V2 - der Transfer der deutschen
Raketentechnik in die UdSSR 1945-1953)
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